Umkehr zum Leben

den Wandel gestalten – noch ist Zeit


Um das Thema der Umkehr ging es Klaus Heidel*, den die Kolpingsfamilie am 08. März als ersten Referenten der Themenreihe ´Zeit zum Umdenken´ eingeladen hatte.


Der Titel des Vortrags scheint zunächst widersprüchlich:


Wird uns denn nicht fast täglich suggeriert, dass unser Leben heute so viele Möglichkeiten für uns bereit hält wie nie zuvor? Ist es nicht ein Leben in Fülle mit ungeahnten Entwicklungschancen?


Ein Leben in Fülle, darum ging es auch Herrn Heidel in seinem Vortrag, jedoch in einer ganz anderen, nicht materiellen, christlichen Dimension.


Gott – Schöpfung -Mensch


Ihm ging es um die Fülle der Schöpfung Gottes, die gerade durch unsere falsch verstandene Vorstellung von der Fülle des Lebens durch die Ausbeutung der Ressourcen unserer Erde gefährdet ist und uns zu einer Revision, einem Umdenken, einer Umkehr und neuer Verantwortung für die Schöpfung auffordert.


Das Bild der Erde als Mutter mit dem Menschen als einem Lebewesen, das wie sie Luft und Wasser braucht und durch Missbrauch in seiner Existenz gefährdet ist, zeichnete Pfarrer Eiswirth in seiner Begrüßung des Referenten.


Herr Heidel führte es aus in dem Verhältnis zwischen Gott, der Schöpfung und dem Menschen. Dabei verstand er den Schöpfungsbegriff in seiner kosmischen Dimension, als die Erde, die Gottes Liebe in allen Lebewesen und besonders in der Menschwerdung Christi offenbart. Die Kostbarkeit dieser Fülle erkannte Luther sogar noch im geringsten Baumblatt´. Die Natur als Abglanz von Gottes Schönheit und Güte, so verstand und pries sie Franz von Assisi in unnachahmlicher Weise.


Gottes Bund mit Noah schloss alle Lebewesen ein, deshalb gilt auch sein Erlösungshandeln dem ganzen Kosmos. Die Erde ´bewahren´ (so das bisherige Verständnis von Gottes Auftrag) kann der Mensch – so Klaus Heidel – heute nicht mehr, denn sie ist nicht statisch, sondern hat sich verändert und tut es weiter. Vielmehr soll der Mensch am kosmischen Versöhnungshandeln Gottes teilnehmen und in der Solidarität mit allen anderen Lebewesen der Erde Frieden bringen.


Die besondere Stellung des Menschen


Der Mensch im Anthropozän


Da der Mensch erst spät in der Erdgeschichte auftaucht, ist er eigentlich eine Randerscheinung. Trotzdem ist er das Ebenbild Gottes, was ihn mit Demut erfüllen sollte. Diese Demut schließt vom Wortsinn her eine Bereitschaft zum Dienen ein, sie paart sich mit Bescheidenheit, Genügsamkeit, Dankbarkeit und Ehrfurcht vor der Schöpfung.


Das Anthropozän ist ein relativ neuer Begriff für eine (Teil)Epoche der Erdgeschichte, die von der Dominanz des Menschen geprägt ist.


Etwa ab 1950 mit Beginn des Atomzeitalters - so die Argumentation - verändert sich das Gesicht der Erde durch vermehrte menschliche Eingriffe, die u.a. auch einem verstärkten Bevölkerungswachstum geschuldet sind.


Die Verletzung planetarischer Grenzen

Diese Entwicklung führt zur Verletzung planetarischer Grenzen, deren Zusammenhänge jetzt sichtbar werden. Die Gefährdung des Ökosystems der Erde mit dem damit verbundenen Klimawandel steht dabei heute im Mittelpunkt der Diskussion. Das Dilemma sind die langfristigen Folgen menschlicher Eingriffe. So gibt es seit 2005 trotz bisheriger Bemühungen keinen Rückgang an Emissionen. Die CO² Konzentration in der Luft steigt weiter, und so steht die technologische Beherrschung der Probleme in manchen Bereichen auf der Kippe. Welche Maßnahmen sind jetzt zu ergreifen?


Was können wir als Christen in unserer Verantwortung für die Schöpfung tun? Welche Handlungsprinzipien sollen uns leiten?


Kultureller Wandel durch eine umfassende globale Kultur der Nachhaltigkeit


Mit Hinweis auf die Enzyklika von Papst Franziskus tritt Klaus Heidel für einen Perspektivwechsel ein, für den Begriff der Achtsamkeit, die zu einer spirituellen Erneuerung führt. Die Schönheit der Schöpfung soll uns staunen, loben und anbeten lassen, eine ökologische Spiritualität in die Wege leiten, eine Zuwendung zur Welt mit der Suche nach dem Heiligen, das wir in der christlichen Mystik neu entdecken können. Dafür
brauchen wir die
Kirchen als Orte der gemeinsamen theologischen Arbeit. Teillösungen sind nicht genug, ein globaler Horizont muss alles umfassen.


Der Mensch als Teil der Erde (< lat. humilitas < humus: Erde) muss mit neuer Demut gegenüber der Schöpfung und der Verteilung ihrer Ressourcen handeln und sich deshalb auch mit Fragen der Gerechtigkeit und der Machtverteilung in unserer Welt auseinandersetzen. Wie erfolgreich er dabei sein wird, lässt sich nicht prognostizieren. So das Fazit von Klaus Heidel.


Herr Kippenberger, Organisator und Koordinator der Kolpingsfamilie der Pfingstweide dankte Herrn Heidel für seinen wahrhaft katholischen, d.h. die Gesamtheit des Christentums betreffenden Vortrag, der kenntnis- und detailreich an die Wurzeln unseres Christseins rührte.


Ergänzt wurde der Vortrag durch eine gelungene Karikaturenausstellung: „Alle in einem Boot“.


Mit den Spenden wird ein Missio-Projekt in Benin (Wasser-pumpe) unterstützt.


*Klaus Heidel ist langjähriger Koordinator des ökumenischen Prozesses und bekannt durch zahlreiche Publikationen, in denen er sich mit dem Anthropozän als Herausforderung für Kirche, Ökumene und die zivile Gesellschaft beschäftigt.


Ursula Päßler


[zurück]


lebendig, vielfältig, gut informiert - Pfingstweide.de