Der Heilige Geist, das unbekannte Wesen …
Irgendwo habe ich immer das Gefühl, der Heilige Geist käme in unserem Leben und in der Liturgie zu kurz. Vater und Sohn begegnen uns immer wieder - aber der Heilige Geist Gottes?
Ja, in der Formel zum Gebetsschluss wird er immer wieder nach Vater und Sohn genannt – aber als „Hauptperson“?
Das Johannesevangelium an Pfingsten berichtet uns von den Worten Jesu: „Empfangt den Heiligen Geist“ - aber: Sagten diese Worte den Jüngern damals mehr als uns heute?
Ganz ehrlich: Wer von uns könnte sofort eine schlüssige Antwort auf die Frage nach dem Heiligen Geist geben? Es fällt uns doch schon schwer, sich Gott überhaupt vorzustellen:
der Dreifaltige, der Dreieinige, eine Gottheit in drei Personen. Mit „Vater“ und mit „Sohn“ - da können wir etwas anfangen, weil das ganz unserer menschlichen Erfahrung entspricht – aber mit „Geist“?
Er hat kein „Gesicht“ in unserer Vorstellung wie der Vater und der Sohn, entsprechend sind in den tausendfältigen Bildern unseres Gottes immer zwei "Menschen" zu sehen: der Vater und der Sohn. Aber der Heilige Geist ? Wie können wir Ihn uns vorstellen?
Ist das Bild der Taube aus dem Matthäus-Evangelium (Mt 3, 16), wenigstens ansatzweise hilfreich, sich ein „Bild“ von Ihm zu machen? Wohl kaum, wohl wissend, dass dieses Bild der Taube nach dem Bericht in diesem Evangelium göttlichen Ursprungs ist. Aber es ist halt mal ein menschlicher Zug, dass wir uns stets von dem Gegenüber gerne eine konkrete Vorstellung, ein Bild, ein Gesicht machen wollen.
Auch ich komme über ein Annähern an den Geist Gottes nicht hinaus, auch meine Antwort auf die Frage nach der "Dritten Person" wäre nur bruchstückhaft, umschreibend, wissend, dass mehr eigentlich gar nicht möglich ist; das wurde mir einmal mehr bewusst, als ich im Vorfeld ihrer Firmung mit unserer Enkelin über den "(Heiligen) Geist" gesprochen habe. Ist aber das Bemühen, sich diesem Geist zu nähern, über Ihn zu sprechen, nicht auch schon was?
Man kann sich doch so vielen Dingen im (Glaubens-)Leben nur annähern, der Versuch, alles näher zu beschreiben oder gar zu definieren, wäre ein vergebliches, aussichtsloses Mühen.
Wie aber kann man sich dem Heiligen Geist annähern?
Da sind natürlich die Hinweise auf Ihn und über Ihn in der Bibel, und die zahlreichen Worte Jesu, die auf den Heiligen Geist hinweisen - beispielsweise den Geist, den uns der Vater in seinem, Jesu, Namen senden wird (Joh. 14, 26).
Und da sind die zahlreichen Lieder in unseren Gesang-büchern, die Ihn umschreiben mit Bildern aus unserer menschlichen (Vorstellungs-) Welt, Lieder, die leider im Gottesdienst nur zu selten vorkommen, die es aber wert sind, studiert, durchdacht, ja gebetet zu werden.
Da begegnet uns zwar kein „Gesicht“, aber der Geist Gottes wird auf einmal lebendig, Er wird lebendig in Bildern, mit denen wir etwas anfangen können, Bilder, die unsere Phantasie anregen, die uns „auf die Sprünge helfen“, auf Seine Spur zu kommen: „Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten“, heißt es beispielsweise im Lied, „Er krönt mit Jubel Berg und Tal, Er läßt die Wasser fluten“ und wie die ganzen Verse alle heißen.
Sie können uns „Vehikel“ sein auf dem Weg, den Heiligen Geist in Seinem Wirken in der Welt zu erkennen. Da ist vielleicht auch das Bild der Taube gar nicht so verkehrt, denn wer anders als eine Taube in ihrer himmlischen Freiheit könnte den Geist Gottes besser beschreiben, diesen Geist der„.. die Welt durchweht, gewaltig und unbändig....“, diesen Geist, der uns lebendig macht, der uns durchdringt mit dem Feuer Seiner Liebe.
Und schon sind wir mitten drin in den Bildern, die den Geist Gottes umschreiben, die unserer Phantasie freien Lauf lassen, sich Ihm zu nähern. Ich glaube, wir brauchen gar kein „Gesicht“ als Gegenüber - das-sich-einlassen auf Sein Wirken in der Welt, es genügt, Ihm zu begegnen, Ihn zu begreifen und Ihn letztendlich mit einem anderen Liedvers zu bitten: „Komm, Heilger Geist, mit Deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft“; ein weiterer Vers, der uns zeigt, dass der Geist so gar nicht das unbekannte Wesen vom Anfang oben ist …
Lassen wir uns auf Ihn ein – nicht nur am Pfingstfest, sondern auch unter der Zeit! Unsere „Pfingstweide“ erinnert uns schließlich immer wieder an Ihn.
Eine lebendige Begegnung mit dem „Geist, der Leben schafft, der uns erfüllt mit neuer Kraft“ - das darf ich uns allen wünschen !
Diakon Karl-August M. Wendel
Pfarrei Edith Stein
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